Handelsrechtliche Bewertung von rückgedeckten Pensionszusagen – IDW RH FAB 1.021
Im April 2021 hat das Institut der Wirtschafsprüfer (IDW) einen Rechnungslegungshinweis zur Bewertung von rückgedeckten Direktzusagen in der Handelsbilanz veröffentlicht (wir berichteten in unserem Newsletter 03/2021). Die Anwendung des Rechnungslegungshinweis soll bei korrespondierenden Zahlungsströmen der Direktzusagen und der Rückdeckungsversicherung, aufgrund von einheitlichen Bewertungsprämissen zu einem angemesseneren Bilanzbild führen. In diesen Fällen besteht bisher wegen unterschiedlicher Bewertungsansätze (Erfüllungsbetrag der Pensionszusage bzw. der sog. Aktivwert der Versicherung) oft eine Differenz zwischen dem zu aktivierenden Wert der Rückdeckungsversicherung und dem zu passivierenden Erfüllungsbetrag, selbst wenn ein vollständiger Gleichlauf zwischen der Pensionsverpflichtung und der aus dem Versicherungsvertrag zu erwartenden Leistung besteht. Zu der Umsetzung hat die DAV e.V. und der IVS e.V. am 26.04.2022 einen Ergebnisbericht des Fachausschusses Altersversorgung veröffentlicht. Nachfolgend wird eine vereinfachende Einschätzungshilfe hinsichtlich der Anwendungsfälle durch den Rechnungslegungshinweis sowie zu dessen Umsetzung gegeben.
Anwendungsbereich des IDW Rechnungslegungshinweis
Durch den Rechnungslegungshinweis sind vereinfachend ausgedrückt alle Rückdeckungsversicherungen von Direktzusagen betroffen, welche über korrespondierende Zahlungsströme verfügen. Davon ausgenommen sind versicherungsgebundene Direktzusagen, für welche bereits bisher eine Bewertung entsprechend wertpapiergebundener Direktzusagen zu erfolgen hatte. Eine weitere Ausnahme besteht in den Fällen, in welchen für die Rückdeckungsversicherung eine abweichende Verwertungsabsicht als zur Erfüllung der Direktzusage besteht.
Nach dem Ergebnisbericht des Fachausschusses Altersversorgung des DAV/IVS ist von keinen korrespondierenden Zahlungsströmen oder von für die bilanzielle Erfassung unwesentlichen korrespondierenden Zahlungsströmen in den folgenden Fällen auszugehen:
- Rückdeckungsversicherungen, deren Wertentwicklung bspw. von der Wertentwicklung von Fonds oder index-gebundenen Wertpapieren abhängt
- Bei Rückdeckungsversicherungen ohne Altersleistung und ohne zum Stichtag bereits laufende Risikoleistungen (z.B. Invalidenrente, Hinterbliebenenrente)
- Von keinen korrespondierenden Zahlungsströmen ist auszugehen, wenn die Altersleistung der Direktzusage und der Rückdeckungsversicherung nur in voneinander abweichenden Auszahlungsoptionen (z.B. Kapital und Rente) möglich sind
Laut IDW „wird eine Nichtanwendung des IDW Rechnungslegungshinweises bei der Aufstellung von Abschlüssen für Zeiträume, die vor dem 31.12.2022 enden, nach Auffassung des FAB durch den Abschlussprüfer nicht zu beanstanden sein“ (IDW aktuell, 6.7.2021).
Umsetzung des IDW Rechnungslegungshinweises
Durch die Umsetzung des Rechnungslegungshinweises wird sich in vielen Fällen ein Bilanzaufwand ergeben. Dies ist im Bewertungsansatz der Rückdeckungsversicherungen auf der Aktivseite vor der Anwendung des IDW RH FAB 1.021 begründet, welcher meist deutlich über dem Ansatz der Verpflichtungen auf der Passivseite liegt.
Der Ergebnisbericht schlägt grundsätzlich zwei unterschiedliche mathematische Verfahren zur Umsetzung des Rechnungslegungshinweises vor.
Bei dem zahlungsstrombasierten Bewertungsverfahren werden die erwartenden Zahlungsströme aus Rückdeckungsversicherung und Direktzusage unmittelbar verglichen und bewertet. Hierfür sind weitreichende Informationen über die Rückdeckungsversicherung und deren Zahlungszeitpunkte notwendig. Das zahlungsstrombasierte Verfahren entspricht deutlich eher dem Wortlaut des Rechnungslegungshinweis als die nachfolgend erläuterten faktorbasierten Bewertungsverfahren.
Die faktorbasierten Bewertungsverfahren (Deckungskapitalverfahren und Erfüllungsbetragsverfahren) verzichtet dagegen auf einen detaillierte Vergleich der Zahlungsströme. Dabei wird die Direktzusage und die Rückdeckungsversicherung über Barwerte verglichen und mit Faktoren umgerechnet. Bei dem Deckungskapitalverfahren wird ein fiktiver Aktivwert der Direktzusage ermittelt und beim Erfüllungsbetragsverfahren ein fiktiver Erfüllungsbetrag der Rückdeckungsversicherung. Beide Verfahren sind bereits mit deutlich weniger Informationen über die Rückdeckungsversicherung umsetzbar.
Neben der Wahl des Bewertungsverfahrens ist die Entscheidung zu treffen, ob das Aktiv- oder das Passivprimat genutzt werden soll. Bei dem Passivprimat wird der Wert der Rückdeckungsversicherung nach der Direktzusage angesetzt, wohingegen beim Aktivprimat die Direktzusage nach der Rückdeckungsversicherung angesetzt wird.
Umsetzungsempfehlung
Die Umsetzung des Rechnungslegungshinweises wird Unternehmen, Wirtschaftsprüfer, Versicherungen und Gutachter vor erhebliche Herausforderungen stellen. Dabei sollte die Umsetzung im Vorfeld des Jahresabschlusses angegangen werden, da bei der Einrichtung der jeweiligen Bewertung mit einem hohen zusätzlichen Zeitaufwand zu rechnen ist.
Grundsätzlich kommen alle vorstehenden beschriebenen Bewertungsverfahren und Ansätze in Betracht. Nach unserer Einschätzung ist dabei das Deckungskapitalverfahren in Verbindung mit dem Passivprimat mit dem geringsten Verwaltungs- und Bewertungsaufwand verbunden.
Kommen Sie bei Fragen gerne auf uns zu!